Zur Person
Vom humanistischen Gymnasium in Dresden wechselte Hermann Rietschel mit 14 Jahren 1863 an das damalige Dresdner Polytechnikum und studierte Maschinenbau von 1867 bis 1870 an der Königlichen Gewerbeakademie in Berlin. Praktisch arbeitete er in der großen Schlosserwerkstatt der Gebrüder Kühnscherf in Dresden, ferner in der Maschinenfabrik von Georg Egestorff zu Linden vor Hannover.
Nach dem Studium arbeitete er bei der Firma J. & A. Aird am Bau der Entwässerungsanlagen für die Kriegs-Lazarette-Anlagen in Berlin-Kreuzberg, die als Vorbild für die Kanalisierung Berlins dienten.
Im Juli 1871 gründete er einen Installationsbetrieb, der 1872 den Firmennamen Rietschel & Henneberg (ab 1872 wurde Rudolf Henneberg Teilhaber der Firma), Fabrik für Zentralheizungen, Wasser- u. Gasanlagen, Pumpwerke, Kanalisation, Specialität: Wasserheizungen u. Ventilation, erhielt.
Die für die Installation benötigten Armaturen, Kessel, Heizkörper, Pumpen und Ventilatoren wurden von ihm selbst entworfen und hergestellt.
1881 löste er das Verhältnis zur Firma und begann eine praktisch-wissenschaftliche Tätigkeit als Zivilingenieur für Heizungs- und Lüftungstechnik. 1881 begann er mit den Vorarbeiten für die im Frühjahr 1882 geplante Erste Hygiene-Ausstellung in Berlin, die jedoch aufgrund eines Brandschadens erst am 1. Mai 1883 eröffnet wurde.
Vom 13. Juli 1885 bis zum 30. September 1910 wirkte Hermann Rietschel als etatmäßiger Professor für Lüftungs- und Heizungswesen in der Abteilung I für Architektur (ab 1895 Abteilung III für Maschinen-Ingenieurwesen und ab 1897 wieder in die Abteilung I für Architektur zurückgeführt) an der Königlichen Technischen Hochschule zu Berlin.
Wissenschaftliche Schwerpunkte
Hermann Rietschel entwickelte durch analytische Untersuchungen im Bereich der Heizungs- und Klimatechnik den Leitfaden zum Berechnen und Entwerfen von Lüftungs- und Heizungsanlagen.
Die Heizung von Gebäuden durch Fernwärme wurde durch ihn maßgeblich beeinflußt und realisiert.
Er entwarf die Heizungs- und Lüftungsanlagen des Reichstagsgebäudes in Berlin, ebenso für die Schauspielhäuser in Berlin und für viele andere Gebäude.
Gremientätigkeiten und Mitgliedschaften
- 1896: Berliner VDI-Vorsitzender
- 1886 bis 1910: Leiter der von ihm gegründeten Prüfungsstation für Heizungs- und Lüftungseinrichtungen, aus der das spätere Hermann-Rietschel-Institut für Heizung und Klimatechnik der Technischen Universität Berlin hervorging
- 1889 bis 1890 und 1899 bis 1900: Vorsteher (Dekan) der Abteilung I für Architektur
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1. Juli 1893 bis 30. Juni 1894 Rektor und von 1894 bis 1895 Prorektor der Königlichen Technischen Hochschule zu Berlin
- seit 1867: Mitglied des Akademischen Vereins Hütte
- :1899 bis 1910: Mitglied des Reichsgesundheitsrates
- 1903: Vorstandsmitglied des Deutschen Museums München
- seit 1914: korrespondierendes Mitglied der Königlichen Schwedischen Akademie der Wissenschaften
Ehrungen
- 1907 Dr.-Ing. E. h., verliehen durch die Technische Hochschule Dresden
- Seit 1912 Ehrenmitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins
- 1912 Ehrenmitglied des Royal Sanitary Institutes in London
- Ab 1924 Verleihung der Rietschel-Plakette des Bundesindustrieverbandes Heizungs-, Klima-, Sanitärtechnik
- Seit 1991 Hermann-Rietschel-Medaille des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI)